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Stereoskopie 
 
 

Geschichte der Stereoskopie  (Seite in Arbeit)

Essay von Günther Gerlich, phg-Sektion Stereo

 

Schon dem griechischen Mathematiker Euklid (um 300 v. Chr.) war die Tatsache bekannt, dass unsere Augen, bedingt durch den Augenabstand, zwei nicht identische Bilder wahrnehmen. Erst die Vereinigung dieser beiden Bilder in unserem Gehirn bewirken einen räumlichen Seheffekt.

 

Euklid von Alexandria

In den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts befasste sich der englische Physiker Charles Wheatstone in verschiedenen Versuchen mit dem räumlichen Sehen. Auch er stellte beim Betrachten eines Gegenstandes, der dem Auge so nahe ist, dass die Sehachsen  sich zusammenneigen, fest, dass zwei merklich ungleiche Bilder in beiden Augen entstehen, welche in der Betrachtung die Körperlichkeit erkennen lassen. Auf Grund dieser Erkenntnis zeichnete Wheatstone Bildpaare die er danach in einem von ihm entwickelten Spiegelstereoskop betrachtete.

 Charles Wheatstone

 

1838 entwickelte er ein weiteres Prismenstereoskop das kleiner,  effektvoller und salonfähiger war. Am 21. Juni des selben Jahres stellte er seine Erkenntnisse über das stereoskopische Sehen der Royal Society vor.  Wheatstones    Experimente dienten eigentlich nur der Physik. Mit der Photographie hatte dies zunächst überhaupt nichts zu tun, deren grundlegende Prinzipien erst ein halbes Jahr später veröffentlicht wurden. Diese präsentierte sich jedoch bald als geeignetes Medium zur Anfertigung stereoskopischer Ansichten.

Die Erfindung der Photographie und die Erklärung des stereoskopischen Effekts fallen zeitlich praktisch zusammen.

So begannen zahlreiche Photographen in vielen Ländern stereoskopische Bilder herzustellen, indem sie die Kamera nach der ersten Aufnahme um einen gewissen Abstand verschoben, um dann eine zweite Aufnahme vorzunehmen. Dies war aber nur möglich,  wenn es sich um statische Motive handelte. Wollte man bewegte Objekte aufnehmen, mussten zwei Kameras im korrekten Abstand auf einem Stativ montiert und gleichzeitig ausgelöst werden. Man hatte auch schon bald gewisse Gesetzmäßigkeiten zwischen der Aufnahmedistanz und dem Abstand der beiden Kameras (Basisabstand) erkannt. Bei Aufnahmeexperimenten   wurde festgestellt, dass je entfernter der Gegenstand ist, von welchen der Photograph zwei stereoskopische Ansichten fertigen will, desto weiter muß er die beiden Kameras voneinander aufstellen.

In diesen Anfangsjahren verbreitete sich die Stereokopie nur sehr zaghaft. Die komplizierte Arbeitsweise blieb daher nur einigen Pionieren vorbehalten. Zudem fehlte es an einem einfachen,  handlichen Stereoskop um in den Genuß des dreidimensionalen Bildes zu kommen.

 Brewster Zweiobjektivkamera


Der Edinburgher Apotheker und Advokat David Brewster befasste sich schon lange mit optischen Experimenten. Schon 1849 stellte er eine kastenförmige zweiäugige Kamera und ein handliches Stereoskop vor. Dieses Stereoskop leitete eine neue Epoche der Stereoskopie ein. Diesem Urmodell dem „Brewster Typ" folgten unzählige Stereoskope die in ähnlicher Form in vielen Ländern hergestellt wurden. Mit diesem Betrachter konnte man die Stereobilder mühelos betrachten, wobei mit der auf der Oberseite des Kastens angebrachten Spiegelklappe das Licht auf das Photo gelenkt werden konnte.

Nach 1850 erlebte die Stereophotographie ihren ersten großen Aufschwung. Die Gründe dafür waren erstens die generelle zunehmende  Popularität der Photographie und das beliebte Brewster-Stereoskop. In den sechziger Jahren trug ein weiterer neuartiger Stereobetrachter zur Popularisierung der Stereoskopie bei.

Der Amerikaner Oliver Holmes sammelte Stereobilder aus aller Welt. Um diese komfortabel zu betrachten, baute er ab 1861 einen einfacheren und leichten Betrachter mit einem umlegbaren Handgriff. Dieses billige und sehr brauchbare „Holmes Stereoskop" Instrument schuf sich bald Freunde in der ganzen Welt.

Um dieselbe Zeit begann auch ein Handel mit Stereokarten und Diapositiven. Zahlreiche Verlag und Vertriebsfirmen sorgten für Nachschub dieser begehrten Artikel. Die Londoner Stereoscopic Company sandte ihre Photographen in alle Kontinente und bot schon nach vier Jahren hunderttausend Stereomotive an.

Kamerahersteller boten von allen neuen Kameras auch Stereoversionen an.

Ab 1880 erlebte sowohl die Photographie als auch die Stereoskopie ein Wellental ,das erst durch die Erfindung der Bromsilberplatte und die Entwicklung einfacher Kameras überwunden werden konnte. Für den Freund des räumlichen Bildes boten sich nun ganz neue Möglichkeiten. Die neuen Kameras , die in den folgenden Jahren auf den Markt kamen, ermöglichten es auch dem Amateurphotographen, selbst Stereobilder aufzunehmen und diese dem Freundeskreis zu zeigen.

Wie während der ersten Blütezeit der Stereoskopie setzte auch nach 1890 ein beachtlicher Handel mit Stereobildern ein. Die Bilder kamen aus Amerika, wobei Firmen wie die Keystone View Company und Underwood & Underwood  Hunderttausende von Motiven anboten. Die fabrikmäßige Herstellung der Stereokarten hatte ab 1895 eine starke Preisreduktion zur Folge. Jedermann konnte sich die Karten leisten und damit sich und seiner Familie Freude bereiten.

  

  

  

Abends saß man gemütlich zusammen und betrachtete die neuesten Karten durch das Stereoskop.  Man konnte sich sein Programm selbst gestalten. Es wurden von den erwähnten Firmen Bilder von Landschaften, Städtebilder mit Ansichten von berühmten Bauwerken, auch von anderen Kontinenten angeboten.

Mit humoristischen Sujets konnte man das Ganze auflockern, und die Kinder konnten vor dem Ins-Bett-Gehen noch Märchenszenen ansehen.

Danach holte sich der Papa das Stereoskop nochmals hervor um sich die neuesten Erotik-Stereobilder anzusehen.

 

 

 

 

 

 

Zeitgleich stellte der erfindungsreiche und geschäftstüchtige Physiker August Fuhrmann aus Breslau an vielen deutschen und österreichischen Standorten sein Kaiserpanorama auf.

Dabei war das Publikum rund um ein raumgroße zylindrische Betrachtungsgerät platziert und konnte die jeweilige Bildserie durch eine Art Opernglas blickend an sich vorbei ziehen lassen. Im Inneren dieses Rundbaues waren 50 Stereo-Glasfotoplatten auf einem Zahnkranz befestigt, die eine nach der anderen am Betrachter vorbeigeführt wurden. Nach einer Betrachtungszeit von rund 30 Sekunden ertönte eine Glocke und das nächste Motiv rückte in das Blickfeld des Zuschauers. Für diese Bewegung sorgte ein Turmuhrwerk, das immer wieder aufgezogen werden musste. Für die Beleuchtung sorgten anfangs Gas- oder Petroleumlampen, später auch elektrische Lampen.

 

 

   

     Kaiserpanorama

Nach diesem zweiten Höhepunkt der Stereoskopie Ende des 19.Jahrhunderts klang die Nachfrage  ab. Bald verschwanden auch die „Kaiserpanoramen" aus den Städten.

Heute gibt es in Österreich nur noch zwei Kaiserpanoramen. Eines davon im Stadtmuseum Wels, das sich in hervorragenden und gepflegten Zustand präsentiert. Im technischen Museum in Brünn steht an exponierter Stelle ein weiteres schönes Exemplar mit ständig wechselnden Bilder-Serien.

Nach dem ersten Weltkrieg ging die Photographie völlig neue Wege und die räumliche Photographie geriet fast in Vergessenheit. Das Aufkommen neuer Darstellungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel dem Tonfilm mit dem großen Bild auf der Leinwand, das nun sprechen konnte, war für das damalige Publikum überwältigend. Das dreidimensionale Bild wurde allmählich zur Liebhaberei einiger weniger Enthusiasten. Auch die Industrie bot stereoskopische Produkte nur noch wenig an. Erst ab 1925 bis zum zweiten Weltkrieg erwachte wieder das Interesse an der Stereo-Photographie. Firmen wie Franke & Heidecke, Voigtländer und Zeiß-Ikon boten neue Kameramodelle an. Doch der Käuferkreis blieb klein. Mit dem Aufkommen der Kleinbildkameras wie der Leica und Contax blieb die Stereoskopie als Stiefkind zurück.

In Amerika kamen in den 50er Jahren eine ganze Reihe von Stereokameras neu auf den Markt. Dies löste eine weitere Stereowelle aus. Auch in Europa und in Japan wurden neue Stereokameras  angeboten. In Amerika hielt sich die Vorliebe für das räumliche länger als in Europa. Noch heute werden dort die Kameras aus den fünfziger gerne verwendet.

                               

     Ica Stereo Ideal          Verascope                        FED                             Realist                            Nimslo

Seit der Erfindung der Kleinbildfotografie im vergangenen Jahrhundert hat wohl keine technische Entwicklung die Fotografie so revolutioniert, wie es derzeit die Digitaltechnik tut. Auch in der digitalen Stereofotografie tun sich vollkommen neue Möglichkeiten auf.

Die Stereoskopie hat während ihrer Blütezeit das Gesellschaftsleben in vielen Ländern (Beispiel Kaiserpanorama ) maßgeblich beeinflusst. Sie brachte durch das vielfältige Bildmaterial einer breiten Bevölkerungsschicht die weite Welt ins Haus, und dies in einer Zeit als es weder Radio noch Fernsehen gab.

Ist die Stereophotographie nicht die einzig richtige Form der Photographie? Naturgetreu kann die räumliche Wirkung bildlich festhalten werden. Ob analog oder Ddgital, heutzutage sind nur noch wenige Liebhaber und Spezialisten, die über die erforderliche  Ausrüstung und das umfangreiche theoretische Wissen verfügen, dazu in der Lage.